Gender Marketing - Der Kunde ist weiblich
Wer trifft in Wahrheit welche Kaufentscheidung und wer entscheidet mehr? Diana Jaffé, Vorstand der Bluestone AG, einer internationalen Beratung im Gender-Marketing, klärt auf:
Frauen entscheiden in Deutschland zu 90 % beim Kauf aller Alltagsgüter und weltweit bei 64 % aller Konsumgüter. In USA treffen Frauen rund 87 % aller Konsumentscheidungen. Selbst bei Autos geht es kaum ohne Frauenbeteiligung ab. Bildungsgrad und Einkommen der Frauen steigen rasant. Weibliche Kunden sind zudem bei Zufriedenheit extrem treu. Daher stellen sie die besten Werber dar: glaubwürdig, unbezahlt und unbezahlbar.
Gender-Marketing umfasst die Kenntnis und das Verständnis der unterschiedlichen Bedürfnisse von Kundinnen und Kunden. Die Biologie fließt darin als neuer Faktor ein. Im Fokus stehen die Marktbedürfnisse, nicht die Unternehmensbedürfnisse.
In Deutschland werden nur 20 % aller Autos ohne Einfluss einer Frau verkauft. Trotzdem gibt es kaum noch Automobilhersteller, die Autos an Frauen vermarkten. Obwohl alle wissen, dass Frauen sehr viel Mitsprache haben. Autos werden im Moment sogar wieder männlicher. Typisches Männerdesign macht Audi seit einigen Jahren erfolgreich vor. Ein typisches Männerauto strahlt Kraft, Dominanz und Agression aus.
Bei Frauenprodukten dominiert noch immer die Einstellung, dass diese klein und rosa sein müssten. Das gilt für Computer ebenso wie für Sportgeräte. Siemens brachte sogar einen Computertomographen für Frauen zur Untersuchung von Brustkrebs heraus, der aus unerfindlichen Gründen ebenfalls pink ist und Espree Pink heißt. Speziell für Männer wurde der Schokoriegel „Nestlé Yorkie“ kreiert. „It’s not for girls“ lautete die Werbebotschaft, denn für Männer ist es von Bedeutung, sich von Frauen abzugrenzen.
Nicht geschlechtsspezifisch hingegen sind die Produkte von Apple. Es handelt sich hier um ganzheitliche Lösungen mit hohem Nutzwert, die auch noch gut aussehen.
Die Unterschiede zwischen Männern und Frauen existieren auf mehreren Ebenen: auf der biologischen Ebene, der kulturellen Ebene, im sozialen Umfeld und in der persönlichen Erfahrung. Das Marketing muss sich darauf einstellen. Eine weitere Differenzierung zeigt sich beim Einkaufsverhalten: Männer kennen den Bedarfs- und den Luxuskauf, Frauen das Einkaufen sowie das Shopping. Beide Geschlechter treffen unterschiedliche Finanzentscheidungen, legen unterschiedlichen Wert auf das Ambiente in Geschäften und bewegen sich völlig unterschiedlich durch Räume, Shops und das Internet. Sie brauchen daher auch unterschiedliche Informationen und Services.
Doch nicht nur Konsumenten haben ein Geschlecht, sondern auch Produkte. Kundinnen kaufen am liebsten weibliche Produkte von Verkäuferinnen, und Kunden kaufen am liebsten männliche Produkte von Verkäufern. Das liegt vor allem am geschlechtsspezifischen Kommunikationsstil. Die Realität sieht am POS natürlich anders aus. Verkäufer sprechen auch mit Kundinnen und Verkäuferinnen mit Kunden - und beide mit Paaren. Doch in Vertriebstrainings wurde bisher nur männliches Verkaufs-und Kaufverhalten trainiert. Hierfür hat die Bluestone AG gerade zusammen mit Vivien Manazon ein neues Verkaufstraining entwickelt.